Geht jeder Krug wirklich so lange zum Brunnen, bis er zerbricht?
„Bei Siemens gab es einen Freund, der in einer Führungsposition tätig war. Der hatte [Ötsch] angelogen.
Ende der Freundschaft. Der Mann musste gehen.“ In: faktum. Ausgabe 3/2006
Gute zwei Jahre später sprechen die beiden über dasselbe Thema; dazu der faktum. Herausgeber:
„Was ich denn glaube? Alle Experten hätten ihm davon abgeraten, diese Versicherung abzuschließen. Denn im Vorjahr sei der Barrel-Preis noch bei rund USD 70 gelegen. Ötsch meint danach wörtlich, selbst OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer himself habe prognostiziert, dass der Treibstoff sich auf einem absoluten Höchstniveau befinde und nicht weiter steigen werde.“
Ein weiterer Beleg, dass selbst „Insider“ keine zukünftigen Marktpreise prophezeien können (wobei nicht bekannt ist, ob das Gespräch so wie beschrieben verlief oder nicht).
Offen bleibt, warum der als ausgewiesener Finanzfachmann apostrophierte Alfred Ötsch das Preisrisiko von bis zu 1/5 des jährlichen Kerosinbedarfs absicherte, wenn er bei mindestens 4/5 der benötigten Menge auf den Tipp von allen Experten vertraute und auf fallende Kerosinpreise spekulierte? Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister hält dies für unentschuldbar und Boden-Betriebsratsobmann Alfred Junghans wollte immer schon von der falschen Treibstoffpolitik gewarnt haben…
Übrigens: 1985 hat Intertrading-Geschäftsführer Gernot Preschern mit Warentermingeschäften in Öl umgerechnet rund € 175 Mio. verzockt. Wegen dieser „verantwortungslosen Spekulationsgeschäfte“ (BK Sinowatz) wurde er 1991 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der verstorbene frühere Regierungschef führte vor 23 Jahren weiter aus, dass die Staatsfirmen jetzt straffer und übersichtlicher geführt würden. Die Manager sollten „leistungs- und erfolgsorientiert“ bezahlt werden, und künftig werde sich keiner mehr „darauf verlassen können, dass sein Arbeitsplatz auch bei Misserfolg garantiert ist". Ob dieses Ziel bereits verwirklicht wurde?
PS.: Im verlinkten Beitrag vermeint CEO Ötsch, die Lufthansa hätte etwa nur ein Viertel der Treibstoffkosten agesichert. Dies ist unrichtig, denn die Kranich-Airline wettet nicht!