Samstag, 20. September 2008

Geht jeder Krug wirklich so lange zum Brunnen, bis er zerbricht?

„Bei Siemens gab es einen Freund, der in einer Führungsposition tätig war. Der hatte [Ötsch] angelogen.
Ende der Freundschaft. Der Mann musste gehen.“ In:
faktum. Ausgabe 3/2006

Medien-Macher Christian W. Mucha wollte am 31.3.2006 vom damaligen 2. Vizepräsidenten des Aufsichtsrates Alfred Ötsch wissen, ob er nicht die Notbremse hätten ziehen müssen wenn die Treibstoff-Preiserhöhungen so massiv durchschlagen? Das sei kein Managementfehler gewesen, meinte der designierte CEO; die Versicherung gegen das Treibstoffrisiko sei mit rund € 40 bis 50 Mio. einfach zu hoch gewesen, aber für die Zukunft wolle er das Risiko herausnehmen.

Gute zwei Jahre später sprechen die beiden über dasselbe Thema; dazu der faktum. Herausgeber:

„Was ich denn glaube? Alle Experten hätten ihm davon abgeraten, diese Versicherung abzuschließen. Denn im Vorjahr sei der Barrel-Preis noch bei rund USD 70 gelegen. Ötsch meint danach wörtlich, selbst OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer himself habe prognostiziert, dass der Treibstoff sich auf einem absoluten Höchstniveau befinde und nicht weiter steigen werde.“

Ein weiterer Beleg, dass selbst „Insider“ keine zukünftigen Marktpreise prophezeien können (wobei nicht bekannt ist, ob das Gespräch so wie beschrieben verlief oder nicht).

Offen bleibt, warum der als ausgewiesener Finanzfachmann apostrophierte Alfred Ötsch das Preisrisiko von bis zu 1/5 des jährlichen Kerosinbedarfs absicherte, wenn er bei mindestens 4/5 der benötigten Menge auf den Tipp von allen Experten vertraute und auf fallende Kerosinpreise spekulierte? Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister hält dies für unentschuldbar und Boden-Betriebsratsobmann Alfred Junghans wollte immer schon von der falschen Treibstoffpolitik gewarnt haben…

Übrigens: 1985 hat Intertrading-Geschäftsführer Gernot Preschern mit Warentermingeschäften in Öl umgerechnet rund € 175 Mio. verzockt. Wegen dieser „verantwortungslosen Spekulationsgeschäfte“ (BK Sinowatz) wurde er 1991 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der verstorbene frühere Regierungschef führte vor 23 Jahren weiter aus, dass die Staatsfirmen jetzt straffer und übersichtlicher geführt würden. Die Manager sollten „leistungs- und erfolgsorientiert“ bezahlt werden, und künftig werde sich keiner mehr „darauf verlassen können, dass sein Arbeitsplatz auch bei Misserfolg garantiert ist". Ob dieses Ziel bereits verwirklicht wurde?


PS.: Im verlinkten Beitrag vermeint CEO Ötsch, die Lufthansa hätte etwa nur ein Viertel der Treibstoffkosten agesichert. Dies ist unrichtig, denn die Kranich-Airline wettet nicht!

Freitag, 19. September 2008

Warum wurde der Finanzvorstand für seine misslungenen Spekulationen belohnt?

„Absicherung ist auf diesem Niveau für uns derzeit nicht sinnvoll darstellbar.“
CFO Thomas Kleibl, in:
tma-online, 12.11.2004

Jeder von uns kennt Beispiele, in denen Risken folgewidrig eingeschätzt, dann schlagend wurden und in (menschlichen) Tragödien endeten:
  • Der Kreditnehmer, der seinen Luxusschlitten zu Schrott fährt,
  • der hoch verschuldete Einzelunternehmer, der verunfallt und plötzlich ohne Einkommen dasteht oder
  • der Gewerbetreibende, dessen schadhafte Maschinen zum Betriebsstillstand führen.
Allen diesen Situationen ist gemeinsam, dass die Betroffenen es vorher verabsäumten sich zu „schützen“, also die Risken gegen ein Entgelt auf den Versicherer abzuwälzen. Fragt man nach den Gründen, werden häufig mangelhafte Beratung, fehlende Liquidität um die Prämie zu zahlen, aber auch Unwissenheit genannt. Schließlich sei bisher auch immer alles gut gegangen und nichts sei passiert, wird argumentiert. Ja, Risiko bezeichnet eben die Chance, zu gewinnen oder zu verlieren!

Was hat das alles mit der AUA zu tun? Nun, die AUA verkauft bis zu ein Jahr im voraus Flugscheine, ohne zu wissen, zu welchen Kosten sie später produzieren wird. Da sie aber Termin und Menge des Kerosinbedarfs kennt, kann sie das Preissteigerungsrisiko absichern (= hedging). Was die AUA bewegte, ab Mai 2004 von Preissicherungsgeschäften Abstand zu nehmen, und damit zu spekulieren, erklärt sie in den Geschäftsberichten für die Jahre 2004 (Seite 82) und 2005 (Seite 88) so:

„Für das Jahr 2005 (2006) wird allgemein von Analysten mit einer leichten Entspannung der Preise für Rohöl und Ölprodukte gerechnet, wodurch Absicherungen durch Festpreisgeschäfte zur Zeit ein hohes Risiko in sich bergen, gleichzeitig sind die Prämien für Optionsgeschäfte aufgrund der hohen Volatilität unverhältnismäßig hoch.“ (Hervorhebungen von mir)

Die AUA interpretiert damit den Begriff des Risikos sehr eigenwillig: Sie spekulierte einerseits auf einen fallenden Kerosinpreis und wollte andererseits die als unverhältnismäßig hoch empfundenen Preissicherungskosten nicht tragen.

Nach harscher Kritik des Betriebsrats an der Wirtschaftsführung (§ 111 ArbVG) benennt sie im Geschäftsbericht 2006 (Seite 92) den Liquiditätsengpass als ihr Motiv für die Spekulation:

„Die angespannte finanzielle Situation des Unternehmens ließ in der Vergangenheit keinen Spielraum, auf kurzfristige Preisausschläge zu reagieren.“

Mir ist rätselhaft, wie der Vorstand bei diesen Erklärungen das Wohl der AUA (§ 70 Abs 1 AktG) im Blick haben kann und die Sorgfaltspflichten ernst nimmt (§ 84 Abs 1 AktG). Nach Ansicht des Aufsichtsrates wird es wohl so gewesen sein, denn wie sollte man sonst erklären, dass CFO Thomas Kleibl für die Geschäftsjahre 2005 (Jahresverlust: € 129,1 Mio.) und 2006 (Jahresverlust: € 129,9 Mio.) bei einem Fixgehalt von € 336.000 bzw. € 379.400 zusätzlich € 102.300 bzw. € 89.600 an erfolgsabhängiger Vergütung lukrierte.

PS.: Am 7. Juli 2008 informierte die AUA, dass sie den restlichen Treibstoffbedarf wegen des starken Ölpreisanstieges auf USD 140/Fass bis Jahresende absichern werde. Heute kostete das Fass rund USD 92 ¾.

Donnerstag, 18. September 2008

Mindestens € 100 Mio. Bedrohungspotential wegen Wertverlust der Flugzeuge

„Ich würde nie wen anlügen, bin verlässlich.
Ausg'macht ist aus'gmacht. So genannte Leger gibt es bei mir nicht.“
Alfred Ötsch, in:
Der Standard, 2.2.2008

„Die Situation war nie so schlecht, dass wir vor einem Konkurs gestanden sind", versteht Boden-Betriebsratschef Alf Junghans die „plötzliche Eile“ bei der AUA-Privatisierung nicht. Als Mitglied des Aufsichtsrates der AUA (und der ÖIAG) müsse er das wissen, denn dann wären Sonderberichte zu Liquidität und Rentabilität des Unternehmens vorzulegen gewesen: Erst hat es geheißen, die AUA ist saniert, dann haben wir die Millionen von Scheich Al Jaber nicht gebraucht - und jetzt brauchen wir dringend einen Partner.“ Deshalb sei auch die „stand alone“ Variante ernsthaft zu prüfen.

Diese und ähnliche Informationen nähren den Verdacht, dass die AUA an einer fairen Information aller Marktteilnehmer nicht interessiert ist. Immerhin notiert die Aktie derzeit im Marktsegment prime market der Wiener Börse (am 22.9.2008 zieht sie wieder in den ATX ein) welches an Transparenz-, Qualitäts- und Publizitätskriterien höhere Anforderungen als das Börsegesetz stellt. Gemäß § 48d Abs. 1 & 2 BörseG ist die AUA verpflichtet, unverzüglich Informationen über nicht öffentlich bekannte Umstände der Finanzmarktaufsicht (FMA) zu melden, wenn diese geeignet sind den Kurs der Finanzinstrumente (z.B. Aktien, Optionen, Anleihen) erheblich zu beeinflussen.

Kursrelevant ist sicher eine Prognose über das Jahresergebnis. Das hat die hat die AUA am 9.Juni 2008 in der Bandbreite von EUR -70 Mio. bis -90 Mio. veröffentlicht und diese Schätzung am 29. Juli 2008 bei der Vorlage des Halbjahresfinanzberichtes bestätigt. Dieser Bericht hält auf den Seiten 23f die wirtschaftlichen Gründe bereit, warum die ÖIAG die AUA plötzlich feilbietet und der Herr Vizekanzler von einem Hilferuf spricht, weil die AUA von einer Abwertung ihrer Flugzeuge von weit über € 100 Mio. bedroht ist:

Zum Jahresultimo muss die AUA gemäß IAS 36 neuerlich überprüfen, ob der Buchwert ihrer Flugzeuge den erzielbaren Betrag (= höhere Wert der beiden Kennzahlen: Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten oder Nutzungswert) übersteigt. Folgende drei Szenarien könnten schlagend werden:
  • Die wirtschaftliche Ertragskraft der Flugzeuge verschlechtert sich: CCO Andreas Bierwirth führte vor eingeladenen Journalisten in Damaskus aus, dass die Langstrecke bis auf wenige Destinationen wegen des fehlenden Zuganges zu Geschäftsreisenden defizitär sei. Keine Langstrecke bedeute aber auch eine Ausdünnung des kontinentalen Streckennetzes, die Ausflottung von 50 bis 60 der rund 100 Flugzeuge und die Schrumpfung auf eine regionale Wiener Fluglinie. Auf den Jahresabschluss bezogen bedeutet dies folgendes: Da durch die Redimensionierung auch die zukünftigen Nettogeldflüsse halbiert würden, wäre der Nutzungswert der Flugzeuge ein geringerer, weshalb sich zum Jahresultimo ein Abwertungsbedarf in unbekannter Höhe ergeben könnte.
  • Veränderter Abzinsungssatz: Für eine Wertminderung von Flugzeugen stellt der Abzinsungssatz den Zinssatz dar, den die AUA zahlen müsste, um in einer Markttransaktion zum jetzigen Zeitpunkt Geld für den Kauf von Flugzeugen aufzunehmen. Die AUA hat sowohl zum Jahresultimo 2007 als auch zum Halbjahresultimo 2008 mit einem Zinssatz von 5% kalkuliert. Wenn zum Jahresultimo ein Zinssatz von 5 ½ % verwendet würde, dann errechnet sich ein Abwertungsbedarf von rund € 50 Mio.
  • Veränderte Austauschrelation EUR/USD: Die geplanten frei verfügbaren zukünftigen Nettogeldflüsse wurden zu einem Devisenkurs von USD 1,54/€ konvertiert. Wenn die Relation USD 1,49/€ beträgt, dann ergibt sich ein Abwertungsbedarf von rund € 50 Mio. Sollte das Austauschverhältnis zum Jahresultimo mit USD 1,44/€ demjenigen von heute entsprechen, dann beträgt der Abwertungsbedarf rund € 100 Mio.
Da aus heutiger Sicht dieses Bedrohungspotential schlagend werden könnte, wäre eine einfach auffindbare Information längst angezeigt gewesen. Sich hinter Kleingedrucktem zu verstecken, ist jedenfalls ein schlechter Stil. Es ist schade, dass die AUA aus dem Desaster rund um die geplante Kapitalerhöhung durch Scheich Al Jaber nichts gelernt hat!

Welche Altlasten müssen rasch beseitigt werden weil sie die AUA massiv schwächen?

Teil III: Die Flottenstruktur

„Schon vor einem Jahr … war ich überzeugt,
dass die AUA bei der nächsten Luftfahrtkrise in ernste Probleme kommen wird.“
CCO Andreas Bierwirth, in:
Die Presse, 9.8.2008

Die Flotte der AUA ist laut Halbjahresfinanzbericht 2008 (Seite 3) „gut aufgestellt“ und stellt bei einem Buchwert von € 1.834,1 Mio. (Seite 23) mit knapp 2/3 den mit Abstand größten Vermögenswert des Konzerns dar. Da die Flotte auch das Betriebsmittel ist, das künftig Werte schaffen soll, ist zu prüfen, ob sie modern und gut strukturiert ist, um sich im Wettbewerb behaupten zu können. Denn mit Ausnahme der ab 2010 einzuflottenden vier 70-sitzigen DH4 NG, welche je zwei fünfzigsitzige DH3 und CRJ200 ersetzen sollen, laufen keine Flugzeugbestellungen:
  • Die Langstrecke wird mit vier B772 (Durchschnittsalter: 7,1 Jahre) und sechs B763 (Durchschnittsalter: 12,4 Jahre, davon sind drei Flieger älter als 15 Jahre) Flugzeugen bedient. Die Ausstattung der Biz-Kabine mit einer 2/3/2 (B772) und 2/2/2 (B763) Bestuhlung ist nicht mehr zeitgemäß. Der 2006 erfolgte Einbau der neuen Schlaf Fauteuils kostete € 40 Mio.
  • Mit einem rund 10%-igen Flottenanteil ist die Langstrecken zu gering dimensioniert. Zum Vergleich: Der Anteile der 25 Airbus-Langstreckenflugzeuge an der SWISS Gesamtflotte von 77 Maschinen beträgt rund 1/3.
    Der knapp ¾ große Anteil der Regionalflugzeuge an der Kurz- & Mittelstreckenflotte ist ungewöhnlich hoch. Da Mitbewerber den Schwerpunkt auf die A320- und B737-Familien legen, bieten sie mehr Platz.
  • Die aus 23 Maschinen bestehende F70/100 Flotte ist durchschnittlich 14,3 Jahre alt. Beide Muster (vom Typ F70 wurden lediglich 47 Stück abgesetzt) werden nicht mehr erzeugt, weil Fokker 1996 Insolvenz anmeldete. Die noch in Betrieb befindlichen Fokker werden seither vom Stork Konzern gewartet und mit Ersatzteilen versorgt.
  • Rund ¼ der Flotte (13 CRJ200 & 12 DH3) besteht aus Maschinen mit 50 Sitzplätzen. Diese Muster sind unter den derzeit gegebenen Wettbewerbsbedingungen nur in Sondersituationen profitabel zu betreiben.
  • Das eingesetzte Flugzeugtyp entspricht nicht immer den Kundenwünschen: So fliegt die AUA z.B. nach Bourgas, Genf, Nizza, Riga und Varna mit einer 50-sitzigen DH3 während die Konkurrenz Destinationen mit einer Blockzeit von rund 2 Stunden mit Jets bedient.
Es deutet also alles darauf hin, dass die Flotte doch nicht so gut aufgestellt ist, wie dies der AUA-Vorstand berichtet. Der Vorsitzende des Bodenbetriebsrates und Hobby-Kabarettist Alf Junghans sieht dies ähnlich: Die vorrangige Aufgabe eines neuen Eigentümers sei zu investieren und "den Flottensalat bereinigen".

Hoffentlich wird der strategische Investor nocht überfordert: Denn an die Alteigentümer soll er recht viel zahlen, die Schulden soll er übernehmen, die Sperrminorität darf er nicht anrühren, das Streckennetz soll er ausweiten, neue Flugzeuge soll er kaufen und die Mitarbeiter soll er weiter beschäftigen. Wird hier etwa ein Mäzen gesucht?

Welche Altlasten müssen rasch beseitigt werden weil sie die AUA massiv schwächen?

Teil II: Die Produktionskosten pro Sitzplatzkilometer

„Die AUA hat die größten Verlustquellen im vergangenen Jahr beseitigt.“
Alfred Ötsch, in: news 19/08, Seite 56

Während die Anzahl der jährlich angebotenen Sitzkilometer (ASK) den maximalen Absatz benennt, informieren die Kosten/ASK (CASK) über die Höhe der Produktionskosten/Einheit (hier: km). Die Kennzahl gibt über die Wettbewerbsfähigkeit der Fluggesellschaft Auskunft, sie ist aber wegen der unterschiedlichen Geschäftsmodelle und der angebotenen Produktpalette nur bedingt vergleichbar.

Generell gilt:
  • Je länger die Entfernung, desto geringer CASK.
  • Fluglinien, die Drehkreuze betreiben teurer produzieren als Gesellschaften, die sich auf den Lokalverkehr konzentrieren.
Dessen ungeachtet haben die nationalen Fluggesellschaften in Zeiten der Duopole Speck angesammelt der sich vor allem im Personalstand der Verwaltung manifestiert. Unter CEO Vagn Sørensen hat die AUA – wie die meisten Konkurrenten – durch überproportionales Wachstum mehr MitarbeiterInnen benötigt, preiswertere Kräfte aufgenommen und damit die CASK gesenkt. Durch das Überangebot am Markt konnte die AUA allerdings ihr Produkt nicht zu profitablen Flugpreisen absetzen.

Der angeblich als „Sanierer“ geholte CEO Ötsch suchte sein Heil im Schrumpfen, was schon deshalb misslingen musste, weil kleine Fluggesellschaften bei den heute am Markt erzielbaren Flugpreisen die Kosten ihrer Verwaltung nicht verdienen können (Größe zählt). Es ist allerdings ein Irrglaube, dass sich die Kosten allein durch „die Hereinnahme eines strategisches Partners“ quasi in Luft auflösen. Synergien werden nämlich nur dann gehoben, wenn die Einheitskosten gesenkt werden, was meist durch die Zusammenführung (= Integration) von Aufgaben und damit einem Personalabbau in der Verwaltung einhergeht.

Alarmierend ist jedenfalls, dass die im AUA-Geschäftbericht (Seite 48) ausgewiesenen CASK von €c 8,46/ASK (2006) um €c 0,97/ASK (d.s. 11 ½ %) auf €c 9,43/ASK (2007) hochgeschossen sind. Haupttriebfeder dafür war die Reduktion des Flugangebotes an Sitzkilometern um rund 15 ½ %, mit dem der Personalabbau aber nicht Schritt hielt: Der durchschnittliche Personalstand reduzierte sich nämlich in der betrachteten Periode von 8.582 Mitarbeitern um 551 auf 8.031 Mitarbeiter nicht einmal halb so schnell (d.s. 6,42%). Betrachtet man den durchschnittlichen Personalstand in Marketing, Verkauf und Administration, so war der Abbau von 2.049 Mitarbeitern um 56 auf 1.993 Mitarbeiter (d.s. 2,73%) nicht nennenswert.

Unabhängig davon konnte CEO Ötsch zwei von ihm angekündigte Vorhaben nicht umsetzen; er wollte schlanke Konzernprozesse schaffen und 10% des Gehaltes an den Unternehmenserfolg zu binden, scheiterte aber an beiden Absichten kläglich:

Statt Kosten in der Verwaltung zu senken, war die Verpflichtung von zwei Siemens-Nachwuchsführungskräften der Auftakt für die Explosion der Kosten für die Entscheider der AUA! Dies deshalb, weil speziell die Vergütung des Branchenneulings Peter Baumgartner, samt Verleihung der Prokura nicht in die Gehaltssystematik passte. Es war daher nur eine Frage der Zeit, bis arrivierte Kräfte „gleiches Entgelt für gleiche Arbeit“ nachdrücklich und wirksam einmahnten. Dies führte nicht nur zu beachtlichen Gehaltssprüngen sondern auch zur Einführung einer zusätzlichen, zwischen Vorstand und Bereiche angesiedelten Organisationsebene (CFO Heinz Lachinger) und damit zu einem explosionsartigen Zuwachs auf 23 Bereichsleiter (davon berichten 13 + CFO Lachinger an CEO Ötsch).

Übrigens: Im November 2006 wurde ein konzernweites Risk-Management etabliert und mit dem zweiten Siemensianer Oliver Karall besetzt. Der in kaufmännischen Belangen, IT und Technik profund Erfahrene leitet derzeit den neu geschaffenen Bereich „Quality Management & Corporate Security.“

Montag, 15. September 2008

Welche Altlasten müssen rasch beseitigt werden weil sie die AUA massiv schwächen?

Teil I: Die verzinslichen Verbindlichkeiten

„Ich habe 1971 die AUA gerettet für Österreich, saniert
und dann hat sie zwanzig Jahre Gewinne gemacht.“
Vizekanzler aD Dr. Hannes Androsch (SPÖ) in: Travel Express, 04.06.2008

„Staatsvertragskanzler“ und „Republikbaumeister“ Julius Raab zählt sich zu jenen (großen) Politikern, der die Leut' dazu bringt, das zu tun, was er wollte. Zu den Visionären wird man ihn wohl auch nicht zählen dürfen – die Chancen des „Narrenkastl’s“ unterschätzte er gewaltig – und über den Wolken mag die Freiheit auch nicht grenzenlos sein: „Ich halt nix von der ganzen Fliegerei. Das kost' mehr, als wir uns leisten können“, meinte er zur Gründung der AUA 1957. Dennoch verkörpert die AUA bereits mehr als ein halbes Jahrhundert einerseits das Weltmännische, sie gilt als „Visitenkarte Österreichs in der gesamten Welt“ (BK Gusenbauer), „sie ist in Europa und in der Welt zu Hause“ (BM Molterer) und „Botschafter Österreichs in aller Welt“ (CEO Ötsch) andererseits repräsentiert die rot-weiß-rote Heckflosse die österreichische Identität. Und um die gemütliche Atmosphäre bei einem Heurigen beneidet uns die ganz Welt!

Ihre Blütezeit erlebte die AUA in Zeiten von dupolistischen Märkte: Die Verkehrsrechte waren reglementiert, jeder National-Carrier teilte sich den Markt und bediente bei geregelten Preisen die Hauptstadt des Partners. Da waren Preise, Kosten und Margen hoch, weshalb sich locker Geld verdienen ließ. Was damals – und leider auch heute – mächtig störte war der Wettbewerb. Mitte der 70-er Jahre bekamen dies zunächst Flugkapitän Jörg Stöckl mit Montana zu spüren und wenig später Niki Lauda. Der dreimalige F1 Weltmeister (1975, 1977 und 1984) dazu im Schweizer Wirtschaftsmagazin „Bilanz“:

Damals gab es ein Riesenmeeting, da hat Kreisky den Austrian-Chef eingeladen, den Verkehrsminister, den Finanzminister und mich. Es gab Krieg, weil ich keine Erlaubnis zu fliegen erhielt. Kreisky eröffnete die Sitzung mit den Worten: „Den Porsche haben wir aus dem Land vertrieben, jetzt baut er die Autos in Deutschland. Ich will nicht, dass das auch mit dem Herrn Lauda passiert. Wieso kann der mit seinen Propellermaschinen nicht fliegen?“ Darauf sagte der Chef der Austrian: „Mit dieser Fokker kann man nicht über die Berge fliegen, weil sie keine Druckkabine hat.“ Da sagte ich: „Sind Sie verrückt? Ich flieg sie ja selber, natürlich hat sie eine Druckkabine. Sehen Sie, Sie haben keine Ahnung!“ Der Finanzminister hat mich gefragt, was ich für eine Gesellschaftsform hätte. Ich: „Eine GmbH und Co KG.“ Sagt der: „Lassen Sie sie doch in Konkurs gehen.“ Darauf ich: „Ich habe mir von einer Bank Geld ausgeborgt, und ich will das zurückzahlen.“ Da hat der gesagt, der Finanzminister, wortwörtlich: „Die Banken haben eh genug Geld, ist doch eh wurst.“

Hat er das wirklich so gesagt, der Vizekanzler Hannes Androsch? Ich denke, es wird wohl eines dieser unglückseligen Missverständnisse gewesen sein, die uns Tag täglich begleiten. Denn ganz so wurst war’s Ende der 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts nicht (mehr): „Niki Nazionale“ expandierte kräftig und nahm 1997 mit der AUA (36%) und der Lufthansa (20%) zwei Gesellschafter herein. Seit der Liberalisierung der europäischen Luftfahrt, welche am 1.4.1997 vollendet wurde, war auch die Lauda Air trotz niedrigerer Produktionskosten nicht mehr wettbewerbsfähig. Niki Lauda’s Ansinnen, durch Sale-& Lease-Back-Geschäfte stille Reserven von rund € 90 Mio. zu heben und so den Bilanzverlust zu minimieren, nahm das AUA Vorstandsduo Bammer & Rehulka zum Anlass, die Lauda Air in mehreren Schritten gänzlich zu übernehmen.

Je nach Lesart kann man die Akquisition der Lauda Air als fatalen Irrtum oder als massive Begünstigung der drei Gläubigerbanken qualifizieren, welche zudem durch ihre Vorstandsvorsitzenden im AUA-Aufsichtsrat vertreten waren: Denn mit deren Vollkonsolidierung erhöhten sich zum Ultimo 2000 die festverzinslichen Verbindlichkeiten der AUA um rund eine Milliarde Euro auf € 2,5 Mrd. Die Banken freuten sich überdies über fette Einahmen und die AUA bürdete sich Aufwandszinsen auf, welche sie in dem gegebenen Marktumfeld mit extrem niedrigen Margen nicht mehr verdienen konnte.

Übrigens: Der Jahresumsatz der AUA betrug 2000 € 1,7 Mrd….

Wer soll die Standortqualität sichern?

„Die AUA ist für den Wirtschaftsstandort Österreich von immenser Bedeutung
und macht den Flughafen Wien zum Drehkreuz nach Osteuropa.“
BM Werner Faymann

Selbstredend zählt eine (leistungsfähige) Verkehrsinfrastruktur zu den Standortvorteilen. Wurde sie traditionell von der öffentlichen Hand bereitgestellt, ließen Mängel an Effizienz und Engpässe bei der Finanzierung die Öffentlich-Privaten Partnerschaften entstehen. So wurden Flughäfen und Fluglinien (teil-)privatisiert, wobei offensichtlich der inhärente Zielkonflikt zwischen profitablem Wachstum und Gemeinwohl verdrängt wurde. Beispiele gefällig?

Der Flughafen Wien (50% Streubesitz) investiert die (Monopol-)Gewinne auch in den Flughafen-Malta und freut sich über dessen positive Entwicklung, während sich die AUA (Streubesitz: 47,48%) über die hohen Gebühren ihres Heimatflughafens beklagt. Im Gegenzug sorgt sich der Flughafen um seinen brustschwachen Homecarrier und fordert bei der Suche nach einem „strategischen Partner“, dass die Interessen des Standorts ausreichend berücksichtigt werden. Darauf pocht auch „die Wirtschaft“, die von Wien (warum wird die Bundeshauptstadt mit Österreich gleichgesetzt?) möglichst viele Non-Stop-Verbindungen eingerichtet wissen will und dann doch beim günstigsten Anbieter bucht. Und die Eigentümer der AUA fordern vom „strategischen Partner“ für ihr „Asset“ neben einen hohen Preis auch die Übernahme der Altlasten und die Fortsetzung des bisherigen Geschäftsmodells.

Hoffentlich kennen alle Beteilgte das in § 100 Abs.1 AktG normierte Verbot, Gesellschaftsfremde zum Schaden der AUA zu begünstigen!

Freitag, 5. September 2008

Warum mehrere Marken eines Konzerns dieselben Zielorte profitabel bedienen können

„Wenn die AUA schon vor zwei Jahren einen Partner bekommen hätte, würde sie bereits heuer Gewinne schreiben.“
CCO Andreas Bierwirth, in:
Die Presse, 9.8.2008

Es gibt Stimmen, die die Air France der Lufthansa als „strategischen Partner“ vorziehen. Dies deshalb, weil die Franzosen in Osteuropa schlecht aufgestellt seien und Wien darum als (exklusives) SkyTeam Drehkreuz für Osteuropa aufgewertet werden könnte. Hingegen überschneide sich das Streckennetz von Lufthansa und AUA insbesondere im „Heimmakt CEE“ häufig, weshalb das Risiko bestünde, dass Lufthansa den Verkehr nach München oder Frankfurt abziehen werde.

Ob das Risiko, dass die AUA (weitere unprofitable) Ziele nicht mehr bedienen wird, im Anlassfall schlagend wird, kann niemand vorhersagen. Denn eines ist klar: Jeder Luftfahrtkonzern der die AUA übernimmt, möchte mit ihr Geld verdienen und kann demzufolge die bisherigen Entscheidungen nicht fortschreiben. Wer Wien als Drehkreuz profitabel betreiben will, wird das Langstreckenangebot sukzessive ausweiten müssen; eine Konzentration auf innereuropäischen Umsteigeverbindungen muss schon allein deshalb scheitern, weil Kleinstmärkte (im positiven Fall) wachsen und mit Mitbewerbern sich die Monopol- in Konkurrenzpreise umwandeln.

Wer sich die Zeit nimmt, die Geschäftsstrategie der Lufthansa (Seite 67f) zu evaluieren, wird erkennen, dass ein Flugplan mit vielen hochfrequent vertakteten Zielen sehr kundenfreundlich ist. Und hier setzt Lufthansa an: Ihr Ziel ist, die Spitzenposition im Wettbewerb auszubauen und als profitabelste und attraktivste europäische Netzwerkfluglinie zu glänzen. Der Geschäftsplan steht auf drei Säulen von denen eine das Multi-Hub/Multi-Brand Konzept ist: Dank der weitgehenden Liberalisierung des Luftverkehrs in Europa baut die Lufthansa einen integrierten Verbund selbständiger Flugunternehmen auf, welchen unter anderem SWISS, Air Dolomiti und Eurowings angehören und demnächst um Brussels Airlines erweitert werden soll. Da jeder Verbundpartner als „Center of Competence“ für seinen Heimatmarkt spezialisiert ist, können die Verkehrsströme noch effizienter gesteuert und Vorteile an den Kunden weitergegeben werden:
  • Die am häufigsten nachgefragten Direktverbindungen aus dem und in das Drehkreuz.
  • Ein Angebot weltweiter Ziele mit alternativen Umsteigeverbindungen mehrmals am Tag, zu unterschiedlichen Uhrzeiten mit verschiedenen Fluggesellschaften, Marken, Produkten und Servicekonzepten.
  • Ein maßgeschneidertes und flächendeckendes Angebot für Firmenkunden mit nur noch einer Kundenkarte, die alle Vorteile bündelt.
Während der erste Anschein gleiche Ziele von AUA und Lufthansa als Risiko aufzeigt, entwickeln sich diese bei Einsatz des Multi-Hub/Multi-Brand Konzepts als enorme Chance. Dazu ein Beispiel:

AUA und Lufthansa bedienen von Wien bzw. München Donetzk (Ukraine) . Wenn ein Luftfahrtkonzern mehrere Marken führt, dann kann er dem Kunden aus Amsterdam mehr Optionen anbieten um Donetzk zu erreichen: Am Hinweg fliegt er beispielsweise über Wien und zurück über München und das alles zu einem attraktiven Flugpreis.

Dieses Konzept setzt allerdings voraus, dass der gesamte Erlös beim Luftfahrtkonzern verbleibt und nicht mit jemandem geteilt werden muss. Und da beginnen die Druckstellen des derzeitigen Privatisierungsauftrags, der eine österreichische Sperrminorität vorsieht…

Wie kann die AUA ihr Drehkreuz profitabel betreiben?

Die Sanierung ist gelungen.
Jetzt können wir uns voll auf unsere Stärken konzentrieren
und fliegen volle Kraft voraus in die Zukunft.
Alfred Ötsch, in: news 08/08, 21.2.2008

Die Schweiz hat sich mit Swissair und ihrer Nachfolgegesellschaft SWISS bis 2005 in Zürich ein interkontinentales Drehkreuz unter eigener Ergebnisverantwortung geleistet; da Rahmenbedingungen keinen profitablen Betrieb zuließen, wurde die Fluggesellschaft um rund € 217 Mio. an die Lufthansa verkauft und als integriertes, eigenständiges Unternehmen in den Konzern eingegliedert.

In Österreich tickten die Uhren anders: Die weitaus überwiegende Zahl der Eliten des Landes meint ein österreichischer Eigentümer sichere die Standortqualität, während bei „Hereinnahme eines Partners“ die Gefahr bestünde, dieser wolle den Verkehr vom Wiener Flughafen abziehen. Übersehen wird dabei, dass die AUA aus eigener Initiative immer weniger außereuropäische Destinationen anfliegt und so selbst ihr Netz entscheiden schwächte. Obwohl zB eine im März 2004 veröffentlichte Studie über den wirtschaftlichen Nutzen des Luftverkehrs in Österreich zeigt, dass die AUA beinahe ¾ aller Flugscheine im Ausland verkauft (Seite 152), sorgt sich der frühere Chefredakteur der 1991 eingestellten Arbeiter-Zeitung (Zentralorgan der SPÖ) und nunmehrige Hauptschriftleiter von Format (Wochenmagazin für Wirtschaft und Geld), Peter Pelinka, die AUA hätte es verabsäumt, sich rechtzeitig international zu positionieren. Gerade im Wettbewerb um die ausländischen Fluggäste ist die AUA den weltweit operierenden Fluggesellschaften unterlegen, weshalb ihr Geschäftsmodell mit Wien als „Umsteigeflughafen“ nicht wettbewerbsfähig ist. Wer weiß, dass der insbesondere durch die Ausflottung des Airbus-Langstreckenflugzeuge erfolgte Personalabbau rund € 85 Mio. kostete und aus Mitteln der Kapitalerhöhung 2006 finanziert wurde, kann sich vorstellen, dass die mit „Grauslichkeiten“ zu bezahlende Eigenständigkeit, keine realistische Option darstellt.

Hier die wesentlichen wirtschaftsrelevanten Kennzahlen der AUA:
  • Die AUA kumulierte in den letzten zehn Jahren einen Verlust von € 133,3 Mio.
  • Obwohl eine in diesem Ausmaß schwer nachvollziehbare Übernahmenfantasie die Börsenkapitalisierung innerhalb von 1 ½ Monaten auf € 524,9 Mio. katapultierte und damit beinahe verdreifachte (Ultimokurse: 15.7. € 2,22; 4.9. € 6 ¼), bewertet der Markt die AUA immer noch niedriger als die aus den letzten beiden Kapitalerhöhungen im Mai 1990 (Bezugskurs: € 27,7) und im November 2006 (Bezugskurs: € 7,1) zugeflossenen € 588,5 Mio.
  • Die verzinslichen Verbindlichkeiten betrugen zum Halbjahresultimo € 1.129,2 Mio., die liquiden Mittel beliefen sich auf € 231,4 Mio.
  • Der Buchwert der Flugzeuge betrug zum Halbjahresultimo € 1.834,1 Mio. und stellt mit knapp 2/3 den wesentlichen Vermögensteil der AUA dar. Gemäß Halbjahresfinanzbericht 2008 (Seite 25) ist bei einer weiteren Reduktion der zukünftigen Nettogeldflüsse, ein höherer Zinssatz und/oder ein Wechselkurs der niedriger als USD 1,54/EUR ein Abwertungsbedarf der Flugzeuge zum Jahresabschluss 2008 gegeben, welcher sich durchaus im dreistelligen Millionenbereich bewegen kann.
  • Laut Geschäftsbericht 2007 (Seite 48) erhöhten sich die bereinigten Einheitskosten pro angebotenem Sitzkilometer im Jahresvergleich um 11 ½% auf € 0,094. Klein mag zwar schön (gewesen) sein, besonders in einer kapitalintensiven, zeitsensitiven und margenschwachen Industrie kann aber Größe Kosten senken.
Es gilt als gesichertes Wissen, dass Metropolen mit einem leistungsstarken Drehkreuz besser erreichbar sind und deshalb im Wettbewerb untereinander über einen bedeutenden Standortvorteil verfügen. Will Wien und damit die Region Centrope weiter davon profitieren, ist sinnvoll einen Luftfahrtkonzern zu suchen, dessen Geschäftsmodell ein Multi-Hub/Multi Brand Konzept vorsieht.

Bericht:
Pelinka, Peter: Die (Un-)Möglichkeiten „nationalen“ Wirtschaftens – siehe die AUA, in: Format, 19/2008, Seite 7

Dienstag, 2. September 2008

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“

„Hut ab, es ist uns alles gelungen, was wir angegriffen haben.
Alles gelungen. Die AUA ist saniert.“
Alfred Ötsch, in: Der Standard, 2.2.2008

Diese Frage – zugleich der Titel eines der zahlreichen Bestseller des Erkenntnistheoretikers Paul Watzlawick (1921-2007) – überschreibt recht eindrucksvoll all die vielen Detailfragen, die sich ergeben, wenn man in den Medien über den wirtschaftlichen Zustand und die Perspektiven der Austrian Airlines (AUA) liest:
  • Wie verantwortet CEO Alfred Ötsch seine Information wonach er die AUA im Februar 2008 als saniert bezeichnet und er am 9. Juni einen Jahresverlust von bis zu € 90 Mio. erwartet?
  • Wie passt es zusammen, wenn derselbe im Februar noch vom Ausbau des bestehenden Engagements in der Ukraine phantasiert und die AUA im Juli – presto, presto - einen „strategischen Partner“ braucht?
  • Wie vertragen sich Informationen über positive Wirtschaftsdaten Ende März mit dem am 24. April veröffentlichten Quartalsverlust von € 60,4 Mio. (darin sind € 8 Mio. aus dem Verkauf des 25%-Anteils an der TUI Österreich GmbH & Co KG enthalten) wenn zwischenzeitlich ein Vertrag über eine strategischen Beteiligung von € 150 Mio. unterzeichnet wurde, der die Expansionsstrategie der AUA im Nahen und Mittleren Osten unterstützen, die Eigenständigkeit der AUA absichern und damit eine Übernahme durch die Lufthansa abwenden soll?
  • Wie ist es um den Informationsfluss bestellt, wenn sich der politisch verantwortliche Vizekanzler Molterer am 8.5. noch zum Ziel setzt, die AUA solle als rot-weiß-rotes Unternehmen erhalten bleiben und er zwei Monate später von den Organen der AUA und der ÖIAG einen Hilferuf verortet wonach die AUA im Interesse ihres Weiterbestehens eiligst verkauft werden muss?
  • Wie hilfreich ist es für die AUA, wenn Alfred Ötsch am 15. Februar erklärt, er stehe für Verhandlungen mit der Lufthansa nicht zur Verfügung und würde zurücktreten, aber trotzdem weiterhin den CEO gibt?
  • Wie können führende AUA Manager gegenüber der „Wirtschaftswoche“ behaupten, die AUA stehe deutlich besser als bisher dargestellt da, weil man die Lage so dramatisch habe schildern müssen, um den Beschluss zur Privatisierung zu bekommen?
Während die Mitgliedern der Leitungsorgane der AUA Erfolge dem eigenen Sachverstand zuschreiben, erklären sie die Misserfolge vordergründig mit geänderten Rahmenbedingungen und widrigen, nicht beeinflussbaren äußeren Umständen: Dazu zählen beispielsweise Fehler der Vorgänger, exorbitant hohe Kerosinkosten, ein Überangebot am Markt, Preisdumping durch aggressive, finanziell angeschlagene Mitbewerber, der Flughafen Wien, die OMV, der Lufthansa, etc. Alle diese Äußerungen klingen zwar plausibel; sie helfen aber nicht, die AUA in ein leistungsstarkes und profitables Luftfahrtunternehmen überzuführen.

Sollen wir also achselzuckend den unbefriedigenden Zustand hinnehmen und auf besseres Wetter warten? Keineswegs: Paul Watzlawick hätte vermutlich geraten, die Beobachtungsperspektive zu verändern und aufmerksam zu betrachten, ob dabei brauchbare Erkenntnisse ans Tageslicht kommen.

Berichte:
Nikbakhsh, Michael: Absturz auf Raten, in: profil 32/2008, Seite 11
Kiani-Kress, Rüdiger: Pech in Wien, in: Wirtschaftswoche 33/2008, Seite 10
Ruff, Claudia: Anschluß verpasst, in: Der Standard, 25.4.2008
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Austrian Airlines & die "integrierte Eigenständigkeit"

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