Wie kann die AUA rasch in den Lufthansa Konzern integriert werden?
„Die AUA ist ein hoch attraktives Unternehmen
und ich bin überzeugt, dass auch hohes Interesse an ihr besteht“
Finanzminister Vizekanzler Wilhelm Molterer, 12.8.2008
Die Zeiten haben sich geändert, keine Frage: Folglich ist meine Reizschwelle die notwenig ist, um mich zu empören, eine bereits sehr hohe geworden; ich nehme es daher nur mehr zur Kenntnis, wenn Air France/KLM (AF/KL) angeblich Zeit und Geld verschwendet um wochenlang vertrauliche Daten vom Mitbewerber AUA und deren aktuellem strategischen Partner Lufthansa (aktuell größter AF/KL-Konkurrent) zu analysieren, um knapp nach Abgabeschluss des Bieterprozesses festzustellen, dass Schulden und Kaufpreis der AUA leider zu hoch wären. Ein Blick in den Halbjahresfinanzbericht 2008 und in die Aktionärsstruktur (88.134.724 Aktien x € 4/Aktie = € 352,54 Mio.) hätte zum selben Ergebnis geführt und wäre zeitökonomischer gewesen. Wer das realisiert, der kann auch die Intentionen dieses Bieters einordnen, wenn er die ÖIAG dafür kritisiert, weil sie den Star-Allianz Vertrag nicht herausrückte. BA-CEO Willie Walsh brachte es auf den Punkt: „Die AUA passt strategisch zur Lufthansa.“
Wir schreiben nicht 1999 (damals entschied sich die AUA für die Lufthansa und den Beitritt zur bereits etablierten Star-Allianz), sondern 2008. Wenn sich während dieser langen Zeitspanne gezeigt haben sollte, dass sich die Leseart der AUA’s wie die Star-Allianz-Mitglieder zusammenarbeiten sollen mit der gelebten Wirklichkeit nicht vereinen lässt oder sich die Prioritäten der AUA geändert haben sollten, dann wäre es folgerichtig gewesen, das mit der Lufthansa zu bereden und nicht einen Kooperationsvertrag nach dem anderen abzuschließen, der zwar Synergien hebt und daher Kosten senkt, aber die beiden Fluglinien noch stärker aneinander schnürt. Aber welche Alternative hätte die AUA bei dem Schuldenstand und der Flottenqualität ergreifen sollen? Nicht nur die Größe zählt (siehe Al Italia), sondern auch das, was tüchtige, engagierte Manager daraus entwickeln.
Dabei wäre alles so einfach gewesen:
Wenn Vizekanzler Wilhelm Molterer am 1.8.2008 von den Leitungsorganen der AUA und der ÖIAG einen „Hilferuf“ verortet hat, wonach die AUA im Interesse ihres Weiterbestehens eiligst verkauft werden muss, dann kann es sich eben nicht um jenes „hoch attraktive Unternehmen“ handeln, von dem er nach dem Privatisierungsauftrag am 13.8.2008 sprach. Es ist auch lebensfremd anzunehmen, dass sich der Herr Finanzminister nicht an seine Blamage erinnert als er am 2.2.2008 die wirtschaftlichen Perspektiven der AUA lobte („Das Interesse von Al Jaber ist ein Kompliment, weil ein Investor seines Zuschnitts nicht in eine Firma hinein geht, die uninteressant ist.“) und ¼ Jahr später von ÖIAG Alleinvorstand und AUA Aufsichtsratspräsident Peter Michaelis zu Beratungen mit Sheikh Al Jaber beigezogen wurde, weil sich dieser übervorteilt fühlte. Und als ein im Bauernbund verwurzelter ÖVP-Bundesparteiobmann sollte ihm auch nicht entgangen sein, dass einer der Kerngläubiger der AUA die Raiffeisen-Gruppe ist. Jeder andere Schluss, dass unser Vizekanzler und Finanzminister nicht über die wirtschaftlichen Probleme der AUA „sensibilisiert“ war, hieße an seinem Verstand zu zweifeln. Folgerichtig wäre es geboten gewesen, der ÖIAG die Frage zu stellen: Unter welchen Bedingungen akquiriert die Lufthansa die AUA und führt ihr Drehkreuz weiter?
Machen wir uns nichts vor:
Der von Peter Michaelis vorgelegte Plan, das von der ÖIAG gehaltene Aktienpaket an der AUA innerhalb von 2 ½ Monaten mit den von der Politik vorgegeben Auflagen an einen Luftfahrtkonzern zu verkaufen, war einerseits zu ambitioniert und andererseits zu riskant. Da sich die Lufthansa als der natürliche AUA-Eigentümer organisch wächst und Märkte zukauft, aber nicht in (gescheiterte) Alt-Eigentümer investiert, akquiriert sie zu einem fairen Preis und lässt Konkurrenten bei Übernahmephantasien den Vortritt. Möglicher Weise war die Parforcejagd trotzdem notwendig, um der Regierung drastisch vor Augen zu führen, wie ernst die wirtschaftliche Situation der AUA von exzellent geführten Luftfahrtkonzernen eingeschätzt wird. Denn über das Ausmaß der Krise wird die interessierte Öffentlichkeit erst am 28.10.2008 unterrichtet werden, wenn der AUA-Aufsichtsrat die wirtschaftliche Lage analysiert hat.
Bis dahin eine Punktuation, wie die AUA in den Lufthansa Konzern integriert werden könnte:
- Übernahmeangebot der ÖIAG an den Streubesitz, weil die Lufthansa die AUA in ihrer Gesamtheit integrieren will
- € XXX Mio. Eigenkapitalzufuhr: Eine Höhe zu nennen, ist ohne Detailprüfung unseriös: Die € 400 Mio. Garantie des Staat für die Constantia Privatbank nicht ausreichen; Nicht aus dem Blick geraten sollte auch, dass dem Bund Erlöse aus den bisherigen Teilprivatisierungen und Dividendenzahlungen zu Gute kamen. Die AUA wird jetzt an die vor rund einer Dekade begangenen Sünden eingeholt, als sie mit der Akquisition der Lauda Air rund eine Mrd. Euro Schulden – plus Kaufpreis an die Altaktionäre, versteht sich – übernahm (sie mein Beitrag vom 15.9.2008).
- Errichtung einer Personalagentur: Mit der schrittweisen Integration in die Lufthansagruppe wird die AUA zu einem reinen Produktionsbetrieb umgeformt. Da die Steuerungsfunktionen an die Konzernzentrale übertragen werden, entfallen sukzessive Aufgaben, die zu Stellenstreichungen und damit Kostensenkungen (Synergien) führen. Das darf nicht ausschließlich zu Lasten der davon betroffenen MitarbeiterInnen führen. Ich empfehle daher, die Betriebsratskörperschaft der AUA und die Gewerkschaften einzuladen, bei der Umsetzung zu helfen. Entsprechende Überlegungen gab es sowohl beim Bund und als auch der Telekom.
- Übertragung der Aktien an die Lufthansa in zwei Tranchen: 45% gegen Besserungsschein, Call-Option zum 31.12.2011 für den Rest.
- Die nach dem Konkurs der Swissair neu als Fluglinie mit Drehkreuz in Zürich 2002 gestartete SWISS brauchte dafür drei Jahre, verbrannte frisches Kapital in der Höhe von CHF 2,6 Mrd. das von Bund, Kantonen und privaten Investoren aufgebracht wurde und flottete 53 Flugzeuge aus, ehe sie von Lufthansa in zwei Schritten wurde um rund € 217 Mio. übernommen und als integriertes, eigenständiges Unternehmen in den Konzern eingegliedert wurde.
- Einen anderen Weg beschritt die im Februar 2002 aus dem Konkurs von Sabena hervorgegangene SN Brussels Airlines, die seit 2007 durch die Fusion mit als Brussels Airlines" firmiert, konzentrierte sich auf den Lokalverkehr und war profitabel. Am 15.9.2008 meldete Lufthansa, dass sie in einem ersten Schritt um € 65 Mio. 45% Anteile an Brussels Airlines übernimmt und hat ab 2011 das Recht, für die verbleibenden 55% eine Kaufoption zum maximalen Preis von € 185 Mio. auszuüben. Diesfalls wird Brussels Airlines vollständig in den Lufthansa Konzern integriert.
AUAblogger - 22. Okt, 00:01