Wie lange wird sich die „Befehl ist Befehl“ Mentalität noch halten?
„Ich halte mir zugute, dass ich schnell reagiert habe und nicht einem dahinschwindenden Traum nachtrauere.
Die Stand-alone-Variante war nicht meine Idee, sondern mein Auftrag.“
CEO Alfred Ötsch, in trend 9/2008, Seite 47
Den „echten Siemensianer“ gab Alfred Ötsch („Stand-alone war mein Auftrag bei meiner Bestellung“) auch unmittelbar nach seiner Bestellung zum AUA-CEO, in die er sich richtiggehend hineingedrängt fühlte. Von Medienvertretern zur „Eigenständigkeit“ befragt, meinte er:
„Ich bin davon überzeugt, dass es möglich ist, dieses Unternehmen wieder in die Gewinnzone zu führen und dass die AUA selbstständig bleiben kann. Weil die AUA kein Sanierungsfall, sondern ein Optimierungsfall ist.“
In meinem Beitrag vom 25.9.2008 habe ich nicht nur dargelegt, warum das Geschäftsmodell der AUA nicht marktfähig ist, sondern auch die Fehleinschätzung des Alfred Ötsch im Zeitverlauf beleuchtet. Deshalb hier sechs bunt gemische Kurzkommentare von Anderen:
- Kurz vor seinem Abschied warnte CEO Vagn Sørensen dass die AUA zu klein sei, um dauerhaft reüssieren zu können.
- Franz Schellhorn, Wirtschaftschef der „Presse“: „Die AUA ist in einer höchst unglücklichen Marktposition. Für eine Billigfluglinie zu teuer, für einen großen "Netzwerk-Carrier" zu klein. Warum das wichtig ist? Während die mittelgroße, aber teure AUA herbe Verluste einfliegt, freuen sich Billigairlines und große Netzwerker (wie Lufthansa und Air France) über hohe Gewinne. Um größer zu werden, fehlt der AUA schlicht und ergreifend der nötige „Flieder“.
- Wolfgang Matejka, oberster Vermögensverwalter der Meinl Bank: „Die AUA versucht schon seit Jahren, Auftrieb zu bekommen, ohne Partnerschaft wird es nicht gehen.“
- Die Bord-Belegschaft verabschiedete am 4.10.2006 eine Petition: Eine „komplett fehlgeleitete Unternehmensstrategie" durch den Vorstand lasse „die wirtschaftliche Zukunft von AUA und aller Mitarbeiter mehr als gefährdet" erscheinen. Die prekäre Lage „lässt uns am Fortbestand unseres Unternehmens stark zweifeln“.
- SWISS CEO-Christoph Franz: „Es kann einer Fluglinie nichts Besseres passieren, als in einen konservativ finanzierten Konzern wie die Lufthansa integriert zu sein.“
- CEO Wolfgang Eder, Voestalpine: „Mein Eindruck ist, dass man bei der AUA diesbezüglich sehr lange die Augen vor der Realität verschlossen hat – vielleicht, um aus einem falsch verstandenen Nationalstolz die rot-weiß-rote Heckflosse zu sichern. Ich möchte niemandem nahe treten, aber der sehr kurzfristig erfolgte Schwenk vom Weg der absoluten Selbständigkeit zur Anlehnung an einen Partner erscheint von außen betrachtet tatsächlich sehr überraschend. Ein Vorstandsvorsitzender sollte durchaus hin und wieder das Rückgrat haben, eine Meinung zu vertreten, die nicht jener des Eigentümers entspricht.“
Wer die hiesigen Verhältnisse kennt, der weiß, dass keine „Expertise von außen“ beauftragt wird, ohne vorher dessen Ergebnis kursorisch anzudenken. Oder anderes gewendet: Die ÖIAG bezahlt kein Gutachten und hält es unter Verschluss, wenn sie die darin enthaltenen Empfehlungen umsetzt? (Details dazu in meinem Beitrag vom 22.9.2008).
Viel realistischer klingt folgendes Szenario: Die hohe Politik wollte die „Eigenständigkeit“ der AUA und meinte in Alfred Ötsch dafür einen Garanten gefunden zu haben. Das fatale daran war, dass nicht nur ein „echter Siemensianer“ sondern auch eine fachlich unbelegte Person dieses Ansinnen hätten umsetzen sollen. Als Christoph Franz zum CEO der SWISS bestellt wurde, war er in einer ähnlichen Situation. Er hat allerdings nach wenigen Monaten Einarbeitungszeit die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens erkannt und seinem Aufsichtsrat brauchbare Alternativen empfohlen. Alfred Ötsch hat noch im Mai 2008 gemeint: „Die AUA hat eine solide finanzielle Situation. Die Liquidität ist ausreichend, um auch ein schwieriges Jahr wie dieses gut zu überstehen.“
Und wer hat das Wohl der AUA im Blick (§ 70 Abs 1 AktG), nimmt die Sorgfaltspflichten ernst (§ 84 Abs 1 AktG) und kennt das Verbot, wonach Gesellschaftsfremde zum Schaden der AUA nicht begünstigt werden dürfen (§ 100 Abs. 1 AktG)?
AUAblogger - 14. Okt, 00:00