Warum wurde der Finanzvorstand für seine misslungenen Spekulationen belohnt?

„Absicherung ist auf diesem Niveau für uns derzeit nicht sinnvoll darstellbar.“
CFO Thomas Kleibl, in:
tma-online, 12.11.2004

Jeder von uns kennt Beispiele, in denen Risken folgewidrig eingeschätzt, dann schlagend wurden und in (menschlichen) Tragödien endeten:
  • Der Kreditnehmer, der seinen Luxusschlitten zu Schrott fährt,
  • der hoch verschuldete Einzelunternehmer, der verunfallt und plötzlich ohne Einkommen dasteht oder
  • der Gewerbetreibende, dessen schadhafte Maschinen zum Betriebsstillstand führen.
Allen diesen Situationen ist gemeinsam, dass die Betroffenen es vorher verabsäumten sich zu „schützen“, also die Risken gegen ein Entgelt auf den Versicherer abzuwälzen. Fragt man nach den Gründen, werden häufig mangelhafte Beratung, fehlende Liquidität um die Prämie zu zahlen, aber auch Unwissenheit genannt. Schließlich sei bisher auch immer alles gut gegangen und nichts sei passiert, wird argumentiert. Ja, Risiko bezeichnet eben die Chance, zu gewinnen oder zu verlieren!

Was hat das alles mit der AUA zu tun? Nun, die AUA verkauft bis zu ein Jahr im voraus Flugscheine, ohne zu wissen, zu welchen Kosten sie später produzieren wird. Da sie aber Termin und Menge des Kerosinbedarfs kennt, kann sie das Preissteigerungsrisiko absichern (= hedging). Was die AUA bewegte, ab Mai 2004 von Preissicherungsgeschäften Abstand zu nehmen, und damit zu spekulieren, erklärt sie in den Geschäftsberichten für die Jahre 2004 (Seite 82) und 2005 (Seite 88) so:

„Für das Jahr 2005 (2006) wird allgemein von Analysten mit einer leichten Entspannung der Preise für Rohöl und Ölprodukte gerechnet, wodurch Absicherungen durch Festpreisgeschäfte zur Zeit ein hohes Risiko in sich bergen, gleichzeitig sind die Prämien für Optionsgeschäfte aufgrund der hohen Volatilität unverhältnismäßig hoch.“ (Hervorhebungen von mir)

Die AUA interpretiert damit den Begriff des Risikos sehr eigenwillig: Sie spekulierte einerseits auf einen fallenden Kerosinpreis und wollte andererseits die als unverhältnismäßig hoch empfundenen Preissicherungskosten nicht tragen.

Nach harscher Kritik des Betriebsrats an der Wirtschaftsführung (§ 111 ArbVG) benennt sie im Geschäftsbericht 2006 (Seite 92) den Liquiditätsengpass als ihr Motiv für die Spekulation:

„Die angespannte finanzielle Situation des Unternehmens ließ in der Vergangenheit keinen Spielraum, auf kurzfristige Preisausschläge zu reagieren.“

Mir ist rätselhaft, wie der Vorstand bei diesen Erklärungen das Wohl der AUA (§ 70 Abs 1 AktG) im Blick haben kann und die Sorgfaltspflichten ernst nimmt (§ 84 Abs 1 AktG). Nach Ansicht des Aufsichtsrates wird es wohl so gewesen sein, denn wie sollte man sonst erklären, dass CFO Thomas Kleibl für die Geschäftsjahre 2005 (Jahresverlust: € 129,1 Mio.) und 2006 (Jahresverlust: € 129,9 Mio.) bei einem Fixgehalt von € 336.000 bzw. € 379.400 zusätzlich € 102.300 bzw. € 89.600 an erfolgsabhängiger Vergütung lukrierte.

PS.: Am 7. Juli 2008 informierte die AUA, dass sie den restlichen Treibstoffbedarf wegen des starken Ölpreisanstieges auf USD 140/Fass bis Jahresende absichern werde. Heute kostete das Fass rund USD 92 ¾.
logo

Beobachter

Austrian Airlines & die "integrierte Eigenständigkeit"

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Karall
Weiss man, warum Oliver Karall die AUA wieder verlassen...
DeckerBlack - 28. Jan, 14:38
Wie wird der Streubesitz...
„Außer Schulden, einem überalterten Fluggerät, einem...
AUAblogger - 24. Okt, 12:27
Wer ist schuld dass die...
„[A]lle kochen nur mit Wasser. Und warum sollen wir...
AUAblogger - 24. Okt, 10:57
Wie kann die AUA rasch...
„Die AUA ist ein hoch attraktives Unternehmen und ich...
AUAblogger - 22. Okt, 16:14
Wie Andreas Bierwirth...
„Erst hat es geheißen, die AUA ist saniert, dann haben...
AUAblogger - 22. Okt, 00:28

Links

Suche

 

Status

Online seit 6078 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 28. Jan, 14:38

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren