Mindestens € 100 Mio. Bedrohungspotential wegen Wertverlust der Flugzeuge

„Ich würde nie wen anlügen, bin verlässlich.
Ausg'macht ist aus'gmacht. So genannte Leger gibt es bei mir nicht.“
Alfred Ötsch, in:
Der Standard, 2.2.2008

„Die Situation war nie so schlecht, dass wir vor einem Konkurs gestanden sind", versteht Boden-Betriebsratschef Alf Junghans die „plötzliche Eile“ bei der AUA-Privatisierung nicht. Als Mitglied des Aufsichtsrates der AUA (und der ÖIAG) müsse er das wissen, denn dann wären Sonderberichte zu Liquidität und Rentabilität des Unternehmens vorzulegen gewesen: Erst hat es geheißen, die AUA ist saniert, dann haben wir die Millionen von Scheich Al Jaber nicht gebraucht - und jetzt brauchen wir dringend einen Partner.“ Deshalb sei auch die „stand alone“ Variante ernsthaft zu prüfen.

Diese und ähnliche Informationen nähren den Verdacht, dass die AUA an einer fairen Information aller Marktteilnehmer nicht interessiert ist. Immerhin notiert die Aktie derzeit im Marktsegment prime market der Wiener Börse (am 22.9.2008 zieht sie wieder in den ATX ein) welches an Transparenz-, Qualitäts- und Publizitätskriterien höhere Anforderungen als das Börsegesetz stellt. Gemäß § 48d Abs. 1 & 2 BörseG ist die AUA verpflichtet, unverzüglich Informationen über nicht öffentlich bekannte Umstände der Finanzmarktaufsicht (FMA) zu melden, wenn diese geeignet sind den Kurs der Finanzinstrumente (z.B. Aktien, Optionen, Anleihen) erheblich zu beeinflussen.

Kursrelevant ist sicher eine Prognose über das Jahresergebnis. Das hat die hat die AUA am 9.Juni 2008 in der Bandbreite von EUR -70 Mio. bis -90 Mio. veröffentlicht und diese Schätzung am 29. Juli 2008 bei der Vorlage des Halbjahresfinanzberichtes bestätigt. Dieser Bericht hält auf den Seiten 23f die wirtschaftlichen Gründe bereit, warum die ÖIAG die AUA plötzlich feilbietet und der Herr Vizekanzler von einem Hilferuf spricht, weil die AUA von einer Abwertung ihrer Flugzeuge von weit über € 100 Mio. bedroht ist:

Zum Jahresultimo muss die AUA gemäß IAS 36 neuerlich überprüfen, ob der Buchwert ihrer Flugzeuge den erzielbaren Betrag (= höhere Wert der beiden Kennzahlen: Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten oder Nutzungswert) übersteigt. Folgende drei Szenarien könnten schlagend werden:
  • Die wirtschaftliche Ertragskraft der Flugzeuge verschlechtert sich: CCO Andreas Bierwirth führte vor eingeladenen Journalisten in Damaskus aus, dass die Langstrecke bis auf wenige Destinationen wegen des fehlenden Zuganges zu Geschäftsreisenden defizitär sei. Keine Langstrecke bedeute aber auch eine Ausdünnung des kontinentalen Streckennetzes, die Ausflottung von 50 bis 60 der rund 100 Flugzeuge und die Schrumpfung auf eine regionale Wiener Fluglinie. Auf den Jahresabschluss bezogen bedeutet dies folgendes: Da durch die Redimensionierung auch die zukünftigen Nettogeldflüsse halbiert würden, wäre der Nutzungswert der Flugzeuge ein geringerer, weshalb sich zum Jahresultimo ein Abwertungsbedarf in unbekannter Höhe ergeben könnte.
  • Veränderter Abzinsungssatz: Für eine Wertminderung von Flugzeugen stellt der Abzinsungssatz den Zinssatz dar, den die AUA zahlen müsste, um in einer Markttransaktion zum jetzigen Zeitpunkt Geld für den Kauf von Flugzeugen aufzunehmen. Die AUA hat sowohl zum Jahresultimo 2007 als auch zum Halbjahresultimo 2008 mit einem Zinssatz von 5% kalkuliert. Wenn zum Jahresultimo ein Zinssatz von 5 ½ % verwendet würde, dann errechnet sich ein Abwertungsbedarf von rund € 50 Mio.
  • Veränderte Austauschrelation EUR/USD: Die geplanten frei verfügbaren zukünftigen Nettogeldflüsse wurden zu einem Devisenkurs von USD 1,54/€ konvertiert. Wenn die Relation USD 1,49/€ beträgt, dann ergibt sich ein Abwertungsbedarf von rund € 50 Mio. Sollte das Austauschverhältnis zum Jahresultimo mit USD 1,44/€ demjenigen von heute entsprechen, dann beträgt der Abwertungsbedarf rund € 100 Mio.
Da aus heutiger Sicht dieses Bedrohungspotential schlagend werden könnte, wäre eine einfach auffindbare Information längst angezeigt gewesen. Sich hinter Kleingedrucktem zu verstecken, ist jedenfalls ein schlechter Stil. Es ist schade, dass die AUA aus dem Desaster rund um die geplante Kapitalerhöhung durch Scheich Al Jaber nichts gelernt hat!
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