Samstag, 18. Oktober 2008

Warum kann auch das Verschweigen von Tatsachen zu wirtschaftlichem Schaden führen?

Teil I: Wie der Jahresgewinn von € 3,3 Mio. zustande kam

„Hut ab, es ist uns alles gelungen, was wir angegriffen haben.
Alles gelungen. Die AUA ist saniert.“
Alfred Ötsch, in: Der Standard, 2.2.2008

Für Konsumenten sollen Medien eine Orientierungshilfe sein, was voraussetzt, dass sie transparent, überzeugend und wertungsfrei berichten. Dieses Objektivitätsgebot, also die beobachterunabhängige Beschreibung eines Sachverhaltes oder Handlung kommt auch bei Gerichten zum Tragen; Zeugen müssen dort über die tatsächlichen Vorgänge wahrheitsgemäß aussagen und dürfen auch nichts verschweigen. Gerade durch das Verschweigen von Fakten kann eine Information zur Desinformation werden und zur Manipulation führen und wirtschaftlich schädigende Entscheidungen auslösen.

Wer die von der AUA aufbereiteten Informationen über einen längeren Zeitraum liest, wird den Eindruck einer notorischen Desinformation nicht los. Dieser Umstand ist auf eine parteiisch ausgerichtete Fokusierung auf den öffentlichen Eigentümer zurückzuführen: Für CEO Alfred Ötsch war bis zum gescheiterten Einstieg von Seikh Al Jaber erklärtes Unternehmensziel, die „Eigenständigkeit“ der AUA zu erhalten; auf sein Scheitern angesprochen rechtfertigt er sich damit, dass dies nicht seine Idee gewesen, sondern er bei seiner Bestellung dazu beauftragt worden sei (siehe dazu auch meinen Beitrag vom 14.10.2008).

Um diese (konstruierte) „Eigenständigkeit“ war, musste die AUA Gewinne erwirtschaften. Nach einem Jahresverlust von € 129,9 Mio. in 2006, konnte CEO Alfred Ötsch bei der Bilanzpressekonferenz am 13.3.2008 im „erfolgreichen Jahr des Übergangs“ in dem das „Restrukturierungsprogramm erfolgreich beendet wurde“ einen Jahresgewinn für 2007 von € 3,3 Mio. präsentieren, worüber medial auch positiv berichtet wurde: Die Trendwende ist geschafft, die AUA stünde solide da und ein Ergebnisrückgang (Ötsch: „Eine Delle auf dem Weg nach oben“) wäre nicht existenzbedrohend. Mit der Finanzspritze von € 150 Mio. durch Sheik Al Jaber wird rascher und aggressiver expandiert.

Die Medien hätten differenzierter berichtet, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, welche Faktoren der im Geschäftsbericht 2007 ausgewiesene Jahresgewinn von € 3,3 Mio. bewirkt hat:
  • € 16,8 Mio. Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen (Seite 91)
  • € 12,9 Mio. Mehrerträge aus dem Abgang von Tochterunternehmen (Seite 44)
  • € 10,6 Mio. Mehrerträge aus dem Abgang von Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten (Seite 91)
  • € 5,2 Mio. Mehrerträge aus der Auflösung der Wertberichtigung von Flugzeugmaterial (Seite 91)
  • Erhöhung der Aufzinsung des außerhalb des Unternehmensplanes liegenden Nettogeldflusses um ¼% auf 2% (Seiten 83f & 95f): Zum Jahresultimo standen die Flugzeuge mit € 1.924,3 Mio. zu Buche. Gemäß IAS 36 musste die AUA überprüfen, ob der Buchwert ihrer Flugzeuge den erzielbaren Betrag (= höhere Wert der beiden Kennzahlen: Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten oder Nutzungswert) übersteigt. Um die Bewertung zu stützen, musste ab 2012 offensichtlich ein höherer Anstieg der wirtschaftlichen Ertragskraft der Flugzeuge unterstellt werden.
Unbestritten ist aber auch, dass diese Faktoren ohne detaillierte Kenntnisse der Buchführung zu recherchieren gewesen wären, was den Zustand der AUA als Potemkinsches Dorf entlarvt und Sheikh Al Jaber rechtzeitig vor leichtfertigen Entscheidungen bewahrt hätte.

PS: Die von Nikki Lauda in der „Zeit im Bild 2“ vom 7.5.2008 verbreitete Information, wonach der Jahresgewinn der AUA von € 3,3 Mio. in 2007 auf Sondereffekte zurückzuführen sei, wies die Emittentin tags darauf zurück.
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Beobachter

Austrian Airlines & die "integrierte Eigenständigkeit"

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