Wie sind Wortspenden von Syndikatsmitgliedern fachlich einzuordnen?
„Wem die AUA gehört ist egal, wenn sie gut ist.“
CEO Andreas Treichl (Erste Bank), in: Die Presse, 30.7.2008
- Walter Rothensteiner: „Wichtig ist, dass das Netzwerk in Osteuropa erhalten bleibt. Das ermöglicht es uns und der gesamten österreichischen Wirtschaft, Zeit und Kosten zu sparen. Niemand will künftig über Zürich oder München nach Chişinău fliegen.“ Es zählt offensichtlich zu den nicht zu beseitigenden Mythen Österreich und Wien gleichzusetzen. Mobilitätssuchende aus dem Einzugsgebiet der Bundesländerflughäfen Linz, Graz, Innsbruck, Klagenfurt und Salzburg wählen schon heute jenes Drehkreuz, das ihren Bedürfnissen entspricht. Die moldawische Hauptstadt zählt zu jenen 14 Zielen, die vom Lufthansa Konzern derzeit nicht bedient wird. Die AUA transportiert von Wien maximal 36.000 Passagiere/Jahr dorthin.
- Günther Geyer (trend 7/2008): „Wir als Vienna Insurance Group spulen rund 1.000 Flüge pro Jahr nach Osteuropa ab. Wenn es diese Schnellverbindungen nicht mehr gäbe, müssten wir auch den Standort Wien in Frage stellen“. Das Mobilitätsbedürfnis von Passagieren im Einzugsgebiet des Flughafen Wien reicht bei weitem nicht aus, um das AUA-Netzwerk profitabel zu betreiben. Laut Geschäftsbericht 2007 (Seite 10) beförderte die AUA rund 2,3 Mio. Passagiere von/nach CEE Destinationen und erzielte dabei einen Umsatz von € 304 Mio. (zum Vergleich Umsatz im Nachbarschaftsverkehr Österreich-Deutschland: € 510 Mio.). Da das lokale Verkehrsaufkommen im gesamten Netzwerk über die Jahre unverändert rund 40% beträgt, profitiert die AUA überwiegend von Kunden aus anderen Märkten, die allerdings meist zwischen mehreren Transportunternehmen wählen können.
- Günther Geyer (trend 7/2008) meint, „dass die Passagierbewegungen am Flughafen Zürich seit der Übernahme durch die Lufthansa gegenläufig sind“. Das Gegenteil trifft zu: SWISS beförderte 2007 mit 12,2 Mio. um 13,2% mehr Passagiere als 2006, schuf rund 700 zusätzliche Arbeitsplätze, investierte über eine Mrd. CHF in die Erneuerung und Erweiterung der Flotte und erzielte ein EBIT von CHF 571. Teile der Airbus-Flotte die bei der AUA nicht rentabel betrieben werden konnten fliegen nun für SWISS und verbinden zum Beispiel Zürich mit Shanghai, eine von mehreren Destination die von der AUA nicht mehr bedient werden.
- Günther Geyer empfiehlt die weitere Privatisierung der AUA nur dann zu verschieben, wenn ein zu geringer Preis erzielt würde und/oder das Ergebnis der Auswahl nicht zufriedenstellend ist. Er stellt damit Anforderungen, die an die sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsau“ erinnern und Folge des Privatisierungsprozesses ist. Das von der ÖIAG gewählte Bieterverfahren mit einer internationalen Ausschreibung regte die Übernahmefantasie der zu 48% im Eigentum des Streubesitzes befindliche AUA an, an der Spekulanten zu partizipieren hoffen. Dabei scheint aus dem Blick geraten zu sein, dass sich informierte Kreise über den drohenden Kapitalengpass sorgten. So wies Aufsichtsratspräsident und ÖIAG Alleinvorstand Peter Michaelis nach dem Rückzug von Sheikh Al Jaber darauf hin, dass die AUA dringend frisches Kapital benötige; Anfang August wurde in Aktionärskreisen angedacht, eine „Finanzierungslücke“ eventuell durch einen Gesellschafterzuschuss in Höhe von € 150 bis 200 Mio. zu schließen, was von BM Faymann („keine Kapitalerhöhung“) ausweichend und von Vizekanzler Molterer klar dementiert wurde. Wenn ein Investor mit sehr viel Geld lockt, freuen sich zwar die Alteigentümer, ob und wie der notwendige Restrukturierungsbedarf der AUA umgesetzt wird, ist damit aber nicht geklärt.
- Günther Geyer meint, dass die beabsichtigte Sperrminorität bei heimischen Privatinvestoren zu halten sei. Die Ratio sagt, dass die Regierung - wieder einmal - ein Geschäft zu Lasten Dritter abschloss, indem sie zu einem Kompromiss zwischen dem wirtschaftlich Vernünftigen (einem zügigen, bedingungslosen Verkauf der AUA) und dem ihr parteitaktisch geboten Erscheinenden (angebliche „rot-weiß-rote Mitsprache“) fand. Wer, wie Hannes Androsch, die AUA als eine „Aufgabe der öffentlichen Infrastruktur“ betrachtet und diese bestmöglich erfüllt wissen will, der wird unter den gegebenen Rahmenbedingungen zur Lufthansa keine Alternative finden. Da erweist sich die „Sperrminorität“ als echte Hürde, denn wie LH-CEO Wolfgang Mayrhuber - Mann des Monats Oktober des Wirtschaftsmagazins Trend - folgerichtig meint: „Es macht einen Unterschied, ob man 25 Prozent der Erlöse bekommt, oder 100 Prozent wie bei der Swiss“.
GROLL, Markus: Der Kranich ist gelandet, in trend 9/2008, Seiten 46-50
AUAblogger - 16. Okt, 04:13