„Kann die AUA überleben?“
„Meine Aufgabe ist, die AUA eigenständig und nachhaltig in positive Zahlen zu führen.
Wir sind auf gutem Weg, das wird die Bilanz 2007 beweisen.
Warum sollten wir einen Partner brauchen, unsere Planungen beweisen das Gegenteil.“
CEO Alfred Ötsch, in: AUA: „Wir gehen jetzt auf Vollangriff“, Kurier, 28.2.2008
- Es sei „schwierig“, im Wege bloßer Allianzen zu einer betriebswirtschaftlichen „Optimierung“ zu gelangen,
- und auch das Wettbewerbsrecht beschränke die Möglichkeit bloßer Allianzen, „weil Abrden unter unabhängigen Unternehmen von den Brüssler Kartellaufsehern sehr kritisch beäugt werden“, während es „keine Probleme gäbe, wären die beiden Gesellschaften fusioniert“.
- „Bevor man über ein Zusammenrücken spricht, ist es wichtig, den internen Abspeckungsprozess durchzuführen“.
Jedenfalls beauftragte die ÖIAG während des Prozesses um die Auswahl des Nachfolgers von CEO-Sørensen am 16.12.2005 den damals vom heutigen AUA-Aufsichtsrat Manfred Reichl geführten Österreich-Ableger der deutschen Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consulents Zukunftsszenarien für die AUA zu prüfen. Die Berater, die feststellen sollten, ob die AUA alleine überlebensfähig ist oder einen Partner braucht, haben ihre Expertise der ÖIAG am 14.2.2006 übergeben, die diese verschlossen hält. Obwohl „Die Presse“ Teile der Studie kennt und offenbarte, dass demzufolge die „AUA alleine nicht überlebensfähig sei und dringend einen Partner benötige“, widerspricht die ÖIAG: es seien zwar Aspekte einer möglichen strategischen Partnerschaft analysiert, eine Partnerempfehlung aber nicht abgegeben worden. Dieses Darlegung klingt wenig plausibel: Wer bezahlt ein Gutachten und hält es unter Verschluss, wenn er die darin enthaltenen Empfehlungen umsetzt? Viel einleuchtender klingt folgendes Szenario:
Der am 6.12.2005 mit der Nachfolgersuche beauftragte US-Headhunter Spencer Stuart präsentierte dem Personalausschuss des AUA-Aufsichtsrats am 13.2.2006 Star Alliance-Chef Jaan Albrecht, Condor-Boss Ralf Teckentrup und der Jet Airways CEO Wolfgang Prock-Schauer zwar drei Lufthansa affine Kandidaten, doch nachdem sich Finanzminister aD Karl-Heinz Grasser (ein enger Freund von „Mehr Privat - weniger Staat“ Bundeskanzler aD Wolfgang Schüssel) dezidiert gegen eine weit reichende Beteiligung der Lufthansa an der AUA auftretende, hätte man dieses Vorsingen absagen müssen. Den Meinungsumschwung führte ein ehrgeiziger und emsiger, aber chancenloser CEO-Asprianten herbei, der als „unguided Missile“ von Pontius bis Pilatus rannte und vornehmlich für sich und am Rande für die Stand-alone Lösung warb. Einflussreiche Politiker jeder Couleur freuten sich aus berufenem Munde zu hören dass der Jahresverlust von € 129 Mio. in 2005 nur ein bedauerlicher Einzelfall auf dem Weg zur Profitabilität wäre und die Eigenständigkeit der AUA durchaus zukunftsträchtig sei. Dürfe man diese rosigen Aussichten dann so leichtfertig aufs Spiel setzen? Natürlich nicht! Wo doch Klubobmann Klaus Schneeberger schon seit Monaten für Alfred Ötsch was tun möchte, jenen begnadeten Sanierer, der von Siemens so schäbig behandelt wurde (wie kann man dem eine Frau vor die Nase setzen und noch dazu eine Rote) und für herausfordernde Arbeiten wie geschaffen ist. Da sich kein weisungsfreier Aufsichtsrat solchen Argumenten verschließen konnte, war’s klar, wie entschieden wurde.
Dieser sollte sich dann aber auch nicht wundern, wenn er außen vor gelassen wird und sich als Abstimmungsmaschinerie missbrauchen lässt. Am 1.2.2008 berichtete „Die Presse“, dass Alfred Ötsch mit Scheich Mohamed Bin Issa Al Jaber über eine Beteiligung an der AUA im Ausmaß von € 150 Mio. intensiv verhandelt. Vizekanzler Finanzminister Wilhelm Molterer dazu tags darauf: „Das Interesse von Al Jaber ist ein Kompliment, weil ein Investor seines Zuschnitts nicht in eine Firma hinein geht, die uninteressant ist.“ Am 15.2.2008 ergänzt Bundeskanzler Alfred Gusenbauer: „Ich bin mit Vizekanzler Molterer einig: Eine Stand-alone-Lösung für die AUA hat Vorrang. … Wenn Al Jaber diesen Alleingang unterstützt, ist er willkommen.“ Als Mäzen ist der Scheich immer willkommen, nur als Investor wollte dieser nicht!
PS:
- Der CEO-Aspirant wurde zunächst zur Österreich Werbung weggelobt und ein Jahr später zur persona non grata.
- Mit Claus Raidl wollte am 30.5.2006 ein wirtschaftspolitischer Berater von Bundeskanzler aD Wolfgang Schüssel zwischen 2002 und 2006 ein völliges Versagen der ÖIAG erkannt haben: Es sei immer noch unklar ist, ob die AUA einen strategischen Partner bekäme oder nicht.
- Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautet, haben sich am 8. Juni 2008 einige Mitglieder des AUA-Aufsichtsrats getroffen und darüber beraten ob die AUA kooperieren, eine strategische Partnerschaft eingehen oder durch „stand-alone“ bleiben soll. Tags darauf beauftragte der Aufsichtsrat die BCG für kolportierte € 0,9 Mio. BCG, einen umfassenden „Strategiecheck“ durchzuführen. Ist es nicht erfreulich, dass bereits am 25.6.2008“ interessante Partneroptionen identifiziert wurden?
Lingens, Peter Michael: Der Verlust bleibt national. Am Beispiel der AUA: wie Politiker durch 18 Jahre wirtschaftlich versagten, in profil 34/2008, Seite 112
AUAblogger - 22. Sep, 12:14