Dienstag, 2. September 2008

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“

„Hut ab, es ist uns alles gelungen, was wir angegriffen haben.
Alles gelungen. Die AUA ist saniert.“
Alfred Ötsch, in: Der Standard, 2.2.2008

Diese Frage – zugleich der Titel eines der zahlreichen Bestseller des Erkenntnistheoretikers Paul Watzlawick (1921-2007) – überschreibt recht eindrucksvoll all die vielen Detailfragen, die sich ergeben, wenn man in den Medien über den wirtschaftlichen Zustand und die Perspektiven der Austrian Airlines (AUA) liest:
  • Wie verantwortet CEO Alfred Ötsch seine Information wonach er die AUA im Februar 2008 als saniert bezeichnet und er am 9. Juni einen Jahresverlust von bis zu € 90 Mio. erwartet?
  • Wie passt es zusammen, wenn derselbe im Februar noch vom Ausbau des bestehenden Engagements in der Ukraine phantasiert und die AUA im Juli – presto, presto - einen „strategischen Partner“ braucht?
  • Wie vertragen sich Informationen über positive Wirtschaftsdaten Ende März mit dem am 24. April veröffentlichten Quartalsverlust von € 60,4 Mio. (darin sind € 8 Mio. aus dem Verkauf des 25%-Anteils an der TUI Österreich GmbH & Co KG enthalten) wenn zwischenzeitlich ein Vertrag über eine strategischen Beteiligung von € 150 Mio. unterzeichnet wurde, der die Expansionsstrategie der AUA im Nahen und Mittleren Osten unterstützen, die Eigenständigkeit der AUA absichern und damit eine Übernahme durch die Lufthansa abwenden soll?
  • Wie ist es um den Informationsfluss bestellt, wenn sich der politisch verantwortliche Vizekanzler Molterer am 8.5. noch zum Ziel setzt, die AUA solle als rot-weiß-rotes Unternehmen erhalten bleiben und er zwei Monate später von den Organen der AUA und der ÖIAG einen Hilferuf verortet wonach die AUA im Interesse ihres Weiterbestehens eiligst verkauft werden muss?
  • Wie hilfreich ist es für die AUA, wenn Alfred Ötsch am 15. Februar erklärt, er stehe für Verhandlungen mit der Lufthansa nicht zur Verfügung und würde zurücktreten, aber trotzdem weiterhin den CEO gibt?
  • Wie können führende AUA Manager gegenüber der „Wirtschaftswoche“ behaupten, die AUA stehe deutlich besser als bisher dargestellt da, weil man die Lage so dramatisch habe schildern müssen, um den Beschluss zur Privatisierung zu bekommen?
Während die Mitgliedern der Leitungsorgane der AUA Erfolge dem eigenen Sachverstand zuschreiben, erklären sie die Misserfolge vordergründig mit geänderten Rahmenbedingungen und widrigen, nicht beeinflussbaren äußeren Umständen: Dazu zählen beispielsweise Fehler der Vorgänger, exorbitant hohe Kerosinkosten, ein Überangebot am Markt, Preisdumping durch aggressive, finanziell angeschlagene Mitbewerber, der Flughafen Wien, die OMV, der Lufthansa, etc. Alle diese Äußerungen klingen zwar plausibel; sie helfen aber nicht, die AUA in ein leistungsstarkes und profitables Luftfahrtunternehmen überzuführen.

Sollen wir also achselzuckend den unbefriedigenden Zustand hinnehmen und auf besseres Wetter warten? Keineswegs: Paul Watzlawick hätte vermutlich geraten, die Beobachtungsperspektive zu verändern und aufmerksam zu betrachten, ob dabei brauchbare Erkenntnisse ans Tageslicht kommen.

Berichte:
Nikbakhsh, Michael: Absturz auf Raten, in: profil 32/2008, Seite 11
Kiani-Kress, Rüdiger: Pech in Wien, in: Wirtschaftswoche 33/2008, Seite 10
Ruff, Claudia: Anschluß verpasst, in: Der Standard, 25.4.2008
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Beobachter

Austrian Airlines & die "integrierte Eigenständigkeit"

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Zuletzt aktualisiert: 28. Jan, 14:38

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